Überblick
Dieses Szenario zeigt, wie Studierenden in der Lehrveranstaltung die Möglichkeit gegeben wird, sich schriftlich am Seminar zu beteiligen, im Semester Feedback auf schriftliche Arbeitsergebnisse zu erhalten, anderen Studierenden Feedback auf ihre Texte zu geben und so die Schreibkompetenzen bezogen auf Ihr Seminarthema weiterzuentwickeln. Schreiben wird in diesem Szenario als ein kollaborativer Prozess umgesetzt, der mit digitalen Ressourcen unterstützt wird. Studierende können so bereits im Seminar auf das Schreiben von Hausarbeiten, Essays und Abschlussarbeiten vorbereitet werden.
Die Veranstaltung wird dabei nach dem Burger-Prinzip (vgl. den Ouden/Rottlaender 2017) strukturiert und verbindet systematisch Phasen der Vermittlung mit aktiven Lernphasen. Gerahmt werden diese Phasen immer von Impulsen zur Aktivierung des Vorwissens der Studierenden und abschließende Sicherung oder Vertiefung des Gelernten.
1. Phase: Einstieg und Aktivierung von Vorwissen
- Indem Sie Lernziele transparent machen und die Studierenden auf die Arbeitsformen im Seminar einstimmen, fördern Sie die zielgerichtete Beteiligung.
- In das Thema einsteigen können Sie zu Beginn der Lehrveranstaltung durch eine Aktivierung des Vorwissens der Studierenden:
- Sammeln Sie z.B. mit der Funktion Wortwolke in Mentimeter oder Pingo zentrale Autor:innen, Theorien, Fachbegriffe oder angrenzende Konzepte.
- Die Studierenden schreiben in edupad oder Padlet z.B. fünf Sätze dazu, was sie bereits zu dem Thema wissen.
- Die Studierenden erstellen in Gruppen eine Concept Map (z.B. mit Excalidraw) zum Seminarthema, die später durch Wissenserweiterung und Vertiefung von Wissen weiterentwickelt werden kann.
2. Phase: Wissen aufbauen
- An die Aktivierung kann eine Phase zum Aufbau von (Grundlagen-)Wissen angeschlossen werden. Hierfür können Sie Lehrvorträge, Kurzreferate Studierender, Texte oder Videos nutzen.
- Sie können sich in der Planung von Vorträgen und Referaten an einer Dauer von maximal 20 Minuten orientieren.
- Wählen Sie die Textlänge passend zu Ihren Lernzielen und den Lesekompetenzen der Studierenden. Für Studierende ist es unterstützend, wenn Sie neben Aufgaben ggf. zur Orientierung eine Zeitangabe für die Dauer der Auseinandersetzung mit einem Text definieren. Ggf. können Sie die Studierenden bei der Weiterentwicklung von Lesestrategien unterstützen.
- Auch wenn erst die nächste Phase aktive Lernphase heißt, ist es wichtig, dass sich Studierende während des Zuhörens oder Lesens in aktiver Auseinandersetzung befinden. Dafür können Sie Impulse geben und aufgabenorientiert vorgehen: Studierende müssen z.B. von Ihnen gestellte Fragen mit Hilfe des Textes, Referats oder Vortrags beantworten. Im Seminarverlauf können Sie die Studierenden auch selbst Fragen formulieren lassen, die sie anschließend an den jeweiligen Input beantworten.
3. Phase: Aktive Lernphasen
- Der Phase der Wissenserschließung folgt eine Phase der aktiven Auseinandersetzung durch Anwenden, Analysieren und/oder Weiterentwickeln.
- In dieser Phase können die Studierenden in Schreib-, Diskussions- und Positionierungsaufträgen entsprechend Ihrer Lernziele mit dem Grundlagenwissen arbeiten. Integrieren Sie auch gerne Lernziele, die das Schreiben einer Haus- oder Abschlussarbeit fokussieren, um so die Kompetenzen im fachspezifischen wissenschaftlichen Schreiben zu fördern. Diese Phase kann bei umfassenderen Arbeitsaufträgen auch über mehr als eine Sitzung gestreckt oder Schreibaufgaben können in das Selbststudium ausgelagert werden.
- Beispielübungen für die aktive Auseinandersetzung mit Seminarliteratur:
- Formulieren Sie mit drei Sätzen die Kernaussage des Kurzreferats.
- Entwickeln Sie eine Concept Map (weiter).
- Positionieren Sie sich zur These xy. Notieren Sie Ihre Position und drei Argumente dazu in Padlet. Kommentieren Sie anschließend die Argumente der anderen Positionen.
- Schreiben Sie eine Rezension zum Text (max. xy Zeichen).
- Schreiben Sie in 100 Worten einen Kommentar zum Text/zum Kurzreferat.
- Beispielübungen für die aktive Auseinandersetzung mit dem wissenschaftlichen Schreiben einer Hausarbeit:
- Recherchieren Sie zu Ihrem Hausarbeitsthema zehn Literaturangaben und kommentieren Sie in dieser Liste, warum der Text für Ihre Hausarbeit relevant ist.
- Erstellen Sie stichpunktartig die Struktur für die Einleitung Ihrer Arbeit.
- Formulieren Sie drei Thesen zu Ihrem Hausarbeitsthema.
- Achten Sie darauf, dass Studierende Gelegenheit bekommen, sich und ihre Arbeitsergebnisse weiterzuentwickeln. Dafür können Sie:
- mit den Ergebnissen weiterarbeiten, indem z.B. eine aus einem Text entwickelte Concept Map schrittweise erweitert, angereichert und ergänzt wird.
- Herausforderungen beim Texterschließen, Recherchieren oder Formulieren sammeln und mit den Studierenden Lösungen entwickeln.
- auf die Arbeitsergebnisse ein Feedback (individuell oder zusammengefasst für die Gruppe) geben.
- Peerfeedback nutzen (z.B. mündlich, über Kommentarfunktion in Only Office in der FSU Cloud oder gegenseitige Beurteilung in Moodle). Dadurch ermöglichen Sie Studierenden Einblicke in andere Herangehensweisen im Schreiben, Denken und Strukturieren. Studierende können zugleich ihre Kompetenzen in der Analyse, Beurteilung und im Feedback weiterentwickeln. Geben Sie den Studierenden dafür Kriterien und Leitfragen an die Hand.
4. Phase: Sicherung des Gelernten und Abschluss
- Sie können jene Folge von Lernphasen durch eine Ergebnissicherung beschließen:
- Die Ergebnisse (gemeinsam mit den Studierenden) zusammenfassen.
- Die Studierenden halten z.B. in einem Lerntagebuch anhand von Leitfragen ihre Lernergebnisse fest.
- Sie geben einen Ausblick auf die nächste Woche und Hinweise auf ggf. vorzubereitende Aufgaben.
- Sie holen sich Feedback von den Studierenden ein.
Methodischer Exkurs: Schreibübungen
Schreibgespräch
- Sie können den Studierenden in Ihrem Seminar ermöglichen, sich in eine schriftliche Diskussion zu begeben und sich so am Seminargeschehen zu beteiligen. Durch diese Form der Diskussion werden nicht nur Schreibkompetenzen weiterentwickelt, sondern auch Beteiligungsschwellen abgebaut und eine bereitere Teilnahme an Seminardiskussionen ermöglicht.
- Im Online-Texteditor eduPad haben Sie die Möglichkeit den Studierenden Diskussionsaufträge zu geben oder Fragen zu stellen und sie zu bitten, schriftlich in der Seminarsitzung miteinander zu diskutieren. Strukturieren Sie das eduPad möglichst vorab durch Überschriften und einen klaren Arbeitsauftrag, damit die Zusammenarbeit übersichtlich bleibt. Lassen Sie die Studierenden ggf. in Gruppen an verschiedenen eduPads arbeiten.
- Nun können sich die Studierenden über ihre Endgeräte an der Diskussion beteiligen. Geben Sie den Hinweis, dass die Studierenden zunächst nicht in einen mündlichen Austausch gehen sollen, sondern nur schreiben. Zudem ist wichtig, dass Sie den Studierenden explizit den Hinweis geben, sich in ihren Beiträgen aufeinander zu beziehen, damit die schriftlichen Beiträge nicht unverbunden bleiben. Sie können den Studierenden zudem, z.B. nach ein paar Minuten, etwas Lesezeit einräumen, um sich einen Überblick über das bisher Geschriebene zu verschaffen.
- Beachten Sie, dass Smartphones für das Formulieren längerer Textpassagen und umfangreichere Dokumente weniger geeignet sind. Es empfiehlt sich zudem ein Hinweis, dass für die jeweilige Seminarsitzung ein geeignetes Endgerät mitzubringen ist.
Kollaborative Textarbeit
- Studierende können in kleinen Gruppen (2-3 Studierende) gemeinsam Texte erstellen (z.B.: Pro-/Contra-Argumente zu einer These; Essay zu neuem Thema, der über das Semester weiterentwickelt wird; Seminarzusammenfassung am Ende des Semesters). Formulieren Sie dazu einen konkreten Arbeitsauftrag, der Hinweise auf Zeitaufwand, Textumfang, Form der Zusammenarbeit gibt und darauf, wie mit dem Text weitergearbeitet wird.
- Über Only Office in der FSU Cloud können die Studierenden synchron oder asynchron gemeinsam an dem Textdokument arbeiten.
- In der Seminarsitzung können sie dann mit den entstandenen Fragen und den Texten der Seminargruppen weiterarbeiten, indem Sie einzelne Textpassagen/Argumente/Kommentare anonym für alle sichtbar machen und so eine gruppenübergreifende Zusammenarbeit ermöglichen.
- Auf diese Weise können die Studierenden durch mehrschrittige Feedbackprozesse ihre Schreibkompetenzen in Bezug auf Ihr Seminarthema weiterentwickeln. Sie sind sowohl Textproduzierende als auch Feedbackgeber*innen.
Vgl. zum Burger-Prinzip: den Ouden, H.; Rottlaender, E.-M. (2017): Hochschuldidaktik in der Praxis. Lehrveranstaltungen planen. Verlag Barbara Budrich.